Prima Arbeitsklima! Teambuilding und gewaltfreie Kommunikation
Was für ein chaotischer Haufen! Nach Umstrukturierungen ist die Abteilung brandneu zusammengewürfelt. Kaum zu glauben, dass daraus ein echtes Team wird, das das Maximum aus Kommunikation und Zusammenarbeit herausholt. Stattdessen bestimmen Konflikte den Start: Teambuilding-Coaches rücken mit ihrem Methodenkoffer an, von der Outdoor-Übung bis zur systemischen Abteilungsaufstellung. Oder führen GFK ein …
Win-Win – gelebte Teamgemeinschaft
Bedürfnisse bestimmen, wie wir handeln – auch im Job. Um zu bekommen, was wir brauchen, wählen wir leider oft Strategien, die uns alles andere als weiterbringen. Schon kracht es! Gewaltfreie Kommunikation (GFK) dagegen baut Vertrauen auf – und sorgt dafür, dass alle gewinnen. Klingt nach Win-Win? Richtig – GFK als wirksame Teambuilding-Strategie führt exakt dorthin. Gelebte Teamgemeinschaft ist mehr als ein Sammelsurium von Schreibtischen und bloße Aufgabenverteilung auf dem Weg zum Ziel.
Vom Chaotenhaufen zum Team
Teams entwickeln sich – nach Auffassung des US-Psychologen Bruce Tuckman in vier Phasen. Am Anfang herrscht Chaos: Forming, die Einstiegs- und Findungsphase, ist von Unsicherheit beherrscht. Kollegen beschnuppern sich und sichern ihre Zugehörigkeit zum Team ab. Während die Beziehungen untereinander noch unklar sind, geht das Projekt arbeitstechnisch an den Start. In Phase 2, durch Tuckmann treffend als Storming bezeichnet, ziehen die ersten Konfliktwolken auf: Der eine will dies, der andere etwas komplett anderes. Beim Setzen von Prioritäten bestimmen Uneinigkeit und Machtgerangel Kommunikation und Kontakt – Gift für die Produktivität aller.
An einem Strang ziehen
Mit Norming, der Regelungs- und Übereinkommensphase, erscheint endlich ein Silberstreif am Horizont: Das Team einigt sich auf Normen und Regeln, jeder kennt seine Rolle und kooperiert. Mit dem Grad gegenseitiger Akzeptanz steigt auch die Konzentration auf die gemeinsame Aufgabe – um im Performing (Arbeits- und Leistungsphase) zu gipfeln. Alle fokussieren das gemeinsame Ziel und bringen sich kontinuierlich ein. Endlich! Die Atmosphäre ist von Wertschätzung, Offenheit und Kooperation geprägt – und das Projekt ein Erfolg.
Das optimale Team – Chefsache!
Ein schöner Traum, weil der Stress viel zu groß ist, um sich auch noch darum zu kümmern, wo es bei der Kollegin hakt? Teamplayer sehen das große Ganze – und machen das Festsitzen der Kollegin zum eigenen Anliegen. Denn was zeichnet ein funktionierendes Team aus? Seine Gemeinschaftsleistung übersteigt die Summe der Einzelleistungen. Etwas, das sich manche Vorgesetzte hinter die Ohren schreiben sollten. Schließlich tragen sie die Verantwortung dafür, dass die nötigen Ressourcen im Team optimal zusammengestellt sind. Zu homogen ist dabei ebenso kontraproduktiv wie zu heterogen, weil konfliktgeladen – und daher leistungshemmend.
Kooperation: Jeder ist wichtig
Erfolgreiche Teamarbeit dagegen pflegt einen Stil kooperativer Interaktion, denn sie weiß um ihre kollektive Verantwortung. Teambuilding arbeitet an diesem Ziel. Doch damit sich Gesamterfolg und Wir-Gefühl einstellen, braucht Kommunikation klare Regeln. Wir-Gefühl? Entsteht dort, wo klar wird, dass jeder Teil des Teams wichtig ist – und sich Kollegen gegenseitig auch so behandeln. Wirksame Regeln fördern die Kooperationsbereitschaft, indem sie Unzufriedenheit im Team transparent machen. Auf lange Sicht steigt so nicht nur die Kompetenz jedes Einzelnen und die Arbeitseffizienz der Gruppe – auch die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten profitiert.
So geht Teambuilding mit GFK
Kein Teambuilding ohne Ist-Analyse: Was läuft nicht gut – und warum? Gewaltfreie Kommunikation (GFK) setzt dort an, wo das Vertrauen untereinander fehlt. In Zeiten von Rassentrennung und Bürgerrechtsbewegung schien die Zeit reif für dieses – durch Gandhi beeinflusste – Konzept des US-Psychologen Marshall B. Rosenberg. Der Gründer des Center for Nonviolent Communication (NVC) definierte vier Schritte, um eine Beziehung zum anderen aufzubauen:
• Beobachtung (A)
• Gefühl (B)
• Bedürfnis (C)
• Bitte (D)
Oder, plastisch formuliert: „Wenn ich A sehe, empfinde ich B, weil ich C brauche. Weshalb ich jetzt um D bitte.“ Wer beobachtet, beschreibt Situationen klar und transparent, ohne zu werten – und vermeidet dabei Totschlag-Wörter wie „immer“, „nie“, „keiner“ oder „schon wieder“.
Wissen was ich fühle – und sagen, was ich möchte
Was ich beobachte, löst ein Gefühl aus, das direkt mit einem Bedürfnis verknüpft ist – zum Beispiel nach Anerkennung, Verständnis, Kontakt oder Sicherheit. Weshalb ich mich fragen muss: Was fühle ich in dieser Situation? Bin ich irritiert? Oder wütend? Gefühle sind der Gradmesser, der zeigt, ob Bedürfnisse erfüllt sind. Grund genug, sich näher damit zu beschäftigen, was zu kurz kam, wo die Ursache liegt – und was ich mir eigentlich wünsche. So öffnen sich Türen zu kreativen Lösungen, mit denen alle Teammitglieder leben können. Transparenz ist oberstes Gebot, und Kneifen gilt nicht: Unzufriedene Teammitglieder müssen – so Rosenberg – andere um eine konkrete Handlung (Handlungsbitte) oder Gefühlsäußerung (Beziehungsbitte) bitten. Kurz: Sagen, was sie wollen, statt darüber zu meckern, was sie nicht wollen.
Aggressive Handlungsmuster durchbrechen
Denn es gilt, das uralte Muster von Angriff, Verteidigung und Rückzug aufzubrechen und aggressive Reaktionen zu reduzieren. Stattdessen will Teambuilding, das auf GFK setzt, den Wunsch jedes Teammitglieds fördern, zu geben bzw. andere zu unterstützen. Etwas, wozu es Empathie braucht, die sich in die Bedürfnisse der Kollegin einfühlt, statt sie zu verurteilen. Dabei richtet GFK den Fokus auf das Gefühl hinter dem Konflikt. Was löst Konflikte aus? Vieles, von statischer Sprache bis zu Pauschalurteilen. Stattdessen rät Rosenberg dazu, prozessorientiert, also konkret anzuschneiden, was aktuell handlungsrelevant ist – und dabei nicht objektive Beobachtungen mit subjektiven Wertungen zu vermischen. Eine Bitte ist von Kritik begleitet? Wer würde da nicht dicht machen oder in die Defensive gehen!
Gewaltfrei kommunizieren: Beschuldigen war gestern
Gewaltfreie Kommunikation als Strategie bedeutet den Abschied von einer Kommunikation, die den Kontakt untereinander blockiert. Schluss mit Urteilen über Kollege oder Chef wie: „Du bist ja fies, ungerecht, krank etc.!“ Auch Urteile, die sich als Emotion tarnen, sind ab sofort tabu, wie: „Ich fühle mich provoziert.“ Weil ich damit dem anderen das Etikett des Provokateurs anhefte. Auch Vergleiche wie „Die braucht für alles viel länger als ihre Vorgängerin“ fallen in die Schublade Verurteilung. Sie konnten nicht anders, weil die Chefin das so wollte? Teamplayer hören auf, andere für die eigenen Gefühle verantwortlich zu machen. Und Chefs sollten bedenken, dass die Ablehnung jeder Forderung „Sie arbeiten heute länger, sonst …!“ mit einer Sanktion verknüpft ist. Strafen oder Vorwürfe erzeugen nur Angst oder Schuldgefühle. Wünsche dagegen erfüllt fast jeder gern – wenn sie als Bitten formuliert sind. Nicht zuletzt, weil eine abgelehnte Bitte dem Bittenden die Option lässt, nach weiteren Möglichkeiten zu suchen.
Teamarbeit nicht dem Zufall überlassen
Um mit einem Missverständnis aufzuräumen: Wertschätzendes Miteinander und gewaltfreie Kommunikation ist nicht gleichzusetzen mit Friede-Freude-Eierkuchen! Sondern setzt auf Klarheit und Authentizität – und hört empathisch zu. Um aus der Botschaft des anderen das Wesentliche herauszufiltern. Alles richtig verstanden? Den Kollegen zu spiegeln, bringt Klarheit: „Empfindest du XY, weil dir Z wichtig ist?“ Ein bisschen ungewohnt vielleicht – denn wer redet schon so im Arbeitsalltag? Zugegeben – bis das flüssig fluppt, braucht es Zeit. Trotzdem zeigen Erfahrungen, dass sich die Investition in GFK und Teambuilding lohnen: Corporate Communication Culture ist eine wertvolle Ressource, schlechte Kommunikation dagegen ein Kostenfaktor. Wo sie gelingt, schafft gewaltfreie Kommunikation ein positives, motiviertes Arbeitsklima. Frohes Schaffen!
Quellen:
– Bruce W. Tuckman: Developmental sequence in small groups. In: Psychological Bulletin. 63, 1965, S. 384–399
– Marshall B. Rosenberg, Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens, Junfermann 2012